Hilfe, die Verordnung kommt – was kann ich tun?
Aufgrund der extrem zahlreichen Anfragen zu dieser Frage, haben wir uns entschlossen, im Folgenden einen groben Überblick zu den Antworten zu geben: Durch die befürchtete Schließung von Tattoo- sowie Piercingstudios kommen viele Fragen und Ideen auf. Gern möchten wir für Klarheit sorgen.
Nur eins noch vorweg: Aktuell ist in keinem Bundesland eine solche Verordnung in Kraft beschlossen und in Kraft getreten. Dies werden die Bundesländer bis zum 2.11.2020 getan haben.
1. Idee der Sammelklage
Eine „Sammelklage“ in dem Sinne gibt es im verwaltungsrechtlichen Verfahren nicht. Man kann sich jedoch als Antragssteller in einem Verfahren zusammenschließen oder dem Gericht einzelne Anträge zukommen lassen.
2. Gegen das Land klagen
Zwar hat sich die Bundesregierung für eine einheitliche Vorgehensweise in Bezug auf die Corona-Eindämmungsmaßnahmen ausgesprochen und dazu Leitlinien verfasst. Allerdings erlässt jedes Bundesland eine eigene Verordnung, da wir in Deutschland den Förderalismus als Rechtsgrundlage haben. Das heißt, es muss gegen jedes Bundesland verwaltungsrechtlich vorgegangen werden.
3. Zusammenarbeit der Tätowierer, Piercer und Kosmetiker
Da die Hygiene- und Schutzmaßnahmen sowie – Auflagen länderweit relativ ähnlich sind, wäre die Argumentation dieser Branchen ebenfalls sehr ähnlich und teilweise identisch. Der Bundesverband Tattoo e.V. arbeitet mit der Deutschen Gesellschaft für Piercings bereits zusammen, sodass wir gemeinsam die Expertise und Synergieeffekt nutzen können.
4. Statthafte Rechtsbehelfe
Je nach Bundesland und dessen rechtlicher Ausgestaltung kann man einen Eilantrag in Form eines sog. abstrakten Normenkontrollantrags bei dem jeweiligen Oberverwaltungsgericht des Landes oder aber bei dem jeweils zuständigen Verwaltungsgericht einen Antrag auf einstweilige Anordnung stellen.
Worin besteht der Unterschied?
Im Falle des Obsiegens entfaltet der Beschluss des abstrakten Normenkontrollantrages Bindung für das gesamte Bundesland, die einweilige Anordnung jedoch nur für den Antragsteller.
5. Kosten des Verfahrens
Wird dem Antrag inhaltlich Recht gegeben, so trägt das jeweilige Bundesland die Kosten. Sofern Ihr eine Rechtsschutzversicherungen abgeschlossen habt und diese auch verwaltungsrechtliche Angelegenheiten abdeckt, könnte diese die Kosten des Verfahrens tragen (abzüglich eines evtl. vereinbarten Selbstbehaltes).
Ob dem tatsächlich so ist, kann man vorab z.B. über eine Deckungsanfrage klären.
6. Wahl des Anwalts
Sollte man den Entschluss gefasst haben den Rechtsweg zu beschreiten, sofern eine entsprechende Verordnung erlassen wurde, muss nicht unbedingt ein ortsansässiger beauftragt werden. Dieser kann nämlich bundesweit tätig sein und ist nicht auf ein Bundesland oder gar Stadt beschränkt. Auch unser Vorstandsvorsitzender Urban Slamal hatte beim letzten Mal erfolgreich entsprechende Verfahren in verschiedenen Bundesländern geführt.
Zudem gibt es in dieser Sache auch kein Verbot der Mehrfachvertretung, d.h. ein und derselbe Anwalt kann gleichzeitig für mehrere Antragsteller tätig sein und diese vor Gericht vertreten.
7. „Verbandsklage“
Verbände sind in der Sache leider nicht klage- bzw. antragsbefugt, dh. sie können diesen Rechtsweg aus Gründen der Zulässigkeit nicht beschreiten. Zulässig ist ein Antrag (ob auf Erlass einer einstweiligen Anordnung oder ein Normenkontrollantrag) nur, wenn man auch persönlich betroffen ist und hier ist die Krux: Der Bundesverband Tattoo e.V. ist als juristische Person leider nicht dazu befugt.
8. Tätigkeit des Verbandes
Wir vom Bundesverband Tattoo e.V. sind schon in Kontakt mit den Landesregierungen sowie der Bundesregierung. Auch verschiedene Kammern sind oder werden noch kontaktiert. Wir geben Stellungnahmen ab und versuchen Ansprechpartner für die Politik zu sein, um drastische Maßnahmen, wie die Schließung, zu verhindern.
9. Was kann ich jetzt tun?
Aktuell kann man nur auf den Erlass der nächsten Verordnungen warten und dann entsprechend reagieren. Bis dahin müssen die aktuellen Verordnungen samt ihrer Auflagen zu den Hygiene- und Schutzmaßnahmen eingehalten werden. Bloße Vermutungen, die man den social media entnehmen kann, helfen für ein besonnenen Umgang mit dieser Thematik leider nicht weiter.